Hallo Regler-Interessierte!
Alle Jahre wieder tauchen Meinungen und Erfahrungsberichte über PWM-Regler auf, die ich persönlich so noch nicht erlebt habe und daher nicht nachvollziehen kann.
Ich wollte das Folgende schon lange mal schreiben, und da aktuell in einem Thread mal wieder eine Aussage in der Art mißverstanden wurde, als könne man bestimmte Motorklassen nicht mit PWM fahren, ist es jetzt wohl mal dringend an der Zeit.
Da ich selbst drei PWM-Regler entwickelt und gebaut habe, denke ich, bei dem einen oder anderen Punkt ein wenig Erfahrung zu haben und diese etwas begründen zu können. Wobei ich mir das Meiste auch nur angelesen und auf der Bahn ausprobiert habe, aber nicht unter wissenschaftlichen Laborbedingungen testen konnte. Ich sage daher audrücklich nicht, dass ich die PWM-Weisheit mit Löffeln gegessen hätte. Aber durch meine zahlreichen Versuche denke ich, einige Vorbehalte aufklären zu können. Man darf mich auch gerne korrigieren, wenn ich Falsches schreibe. Ich würde mich dann über Quellenangaben zum Nachlesen freuen.
Ich möchte mal mit den meiner Meinung nach drei häufigsten Vorbehalten gegen PWM-Regler anfangen und versuchen, da einiges klar zu stellen. Ich fände es toll, wenn hier weitere sinnvolle technische Fragen gestellt würden zu denen andere PWM-Regler-Entwickler und ich dann Stellung nehmen können. Das dürfen ruhig "ich hab mal gehört"-Fragen sein, genau diese Themen will ich ja, wenn möglich, aufklären. Es wäre aber nett, wenn das hier in Frage-und-Antwort-Form bliebe, und kein Glaubenskrieg Pro/Contra PWM entfacht würde. Danke schon mal dafür!
Auch möchte ich hier keine Kaufempfehlungen geben. Welcher Regler wie ausgestattet ist, kann man am besten bei den Herstellern nachlesen. Und testen muss man einen Regler eh immer selbst.
1. Werden die Motoren heißer?
Direkt vorweg: ich weiß es nicht sicher, habs bisher noch nie gemessen. Warum? Weil ich keinen Motorprüfstand habe, und weil es nicht signifikant viel sein kann. Mit der Hand spürt man nichts.
Jetzt muss ich erstmal erklären, wie PWM funktioniert. Ich versuche es kurz zu halten, die lange Erklärung gibt's schließlich bei Wikipedia.
PWM bedeutet, die Spannung, die der Regler an den Motor ausgibt, wird getaktet. Der Motor bekommt immer nur entweder volle Bahnspannung (z.B. 12V), oder gar nichts (0 V). Und das relativ schnell.
Wie schnell ist aber schnell? Und ganau da ist der erste Knackpunkt, aus dem Vorbehalte entstanden sein könnten.
Ich kenne Regler, die Takten mit ca. 600 Hz, und solche, die takten mit ca. 30.000 Hz (= 30kHz). Und alles mögliche dazwischen. Das ist mal eben ein Unterschied von Faktor 50. Das kann man nicht alles über einen Kamm scheren.
Jetzt müssen wir mal kurz in einen typischen Slotcarmotor reinschauen. Das ist ein permanent angeregter (Magnete) Gleichstrommotor mit drei Ankerwicklungen (=Spulen). Durch die Rotation des Motors werden diese Spulen immer Mal kurz mit Spannung versorgt, dadurch magnetisiert, und dann wieder abgeschaltet. D.h. hier entsteht auch eine Frequenz, mit der die Spulen sich selbst andrehen und takten. Diese Frequenz ist abhängig von der aktuellen Motordrehzahl und überlagert sich irgendwie mit der PWM-Frequenz.
D.h. es können sich je nach PWM Frequenz und Motordrehzahl zwei Zustände ergeben:
A:
Die PWM-Frequenz ist schneller als die Motordrehzahl x 2 (Spulen werden jeweils 2 Mal pro Umdrehung magnetisiert). Bedeutet, die Spulen werden während die Kohlen die Kollektorbleche überstreichen, mehrfach ein- und ausgeschaltet.
Wenn man das zu oft macht, also sehr hohe PWM und geringe Motordrehzahl, dann werden die Spulen nie genug magnetisiert, der Motor dreht gar nicht oder nur sehr langsam, und durch die Magnetisierungsverluste werden die Spulen tatsächlich wärmer. Das kann man nachlesen. So etwas wäre aber ein sehr schlechter PWM-Regler den niemand kaufen würde.
B:
Die Motordrehzahl x 2 ist schneller als die PWM-Frequenz. Bedeutet, während eine Kohle ein Kollektorblech überstreicht, ist die Spule entweder die ganze Zeit eingeschaltet (mit 12V, gleicher Zustand wie alle Regler bei Vollgas), oder sie bleibt die ganze Zeit abgeschaltet (der Motor trudelt dann, würde also frei auslaufen).
Wenn man das sehr langsam macht, also geringe PWM-Frequenz, wird der Motorlauf sehr ruckelig. D.h. der Motor würde z.B. für eine halbe Sekunde mit Vollgas betrieben, und dann für eine halbe Sekunde abgeschaltet. Das habe ich selbst ausprobiert und der Motor fängt an sehr stark zu vibrieren. Nicht schön, aber der Motor wird dadurch gefühlt auch nicht heißer. Wäre aber ebenfalls kein guter PWM-Regler.
Zusammengefasst: ob der Motor überhaupt heißer werden kann, hängt ab von der Kombination aus PWM-Frequenz und der Frequenz, welche die Kollektorbleche durch ihre aktuelle Drehzahl erzeugen. (5-polige Motoren verhalten sich hier natürlich anders als 3-polige.)
Und: man kann nicht pauschal sagen, PWM ist für diese oder jene Motorklasse geeignet oder nicht. Es hängt von der PWM-Frequenz des Reglers und der Motordrehzahl/Polanzahl ab.
Wenn ich mal irgendwann einen Motorprüfstand besitze, der meinen Ansprüchen genügt, werde ich mal Temperaturen messen. Den Prüfstand muss ich aber wohl selbst bauen.
2. Verschleißen die Kohlen schneller?
Daran habe ich selbst lange gezweifelt, bin aber inzwischen der Meinung, nein.
Fragen wir uns mal, warum könnten sie denn überhaupt schneller verschleißen?
A:
Sie werden heißer, weil der Motor heißer wird.
Ist das so? Verschleißt das Kohlenmaterial schneller, bei größerer Hitze? Ich weiß es nicht. Da bräuchten wir mal einen Materialspezialisten.
Kann aber ja nur sein, wenn der Motor tatsächlich heißer wird, siehe oben.
B:
Das Takten der PWM verschleißt sie schneller.
Wann wird denn die PWM "benutzt"? In den Kurven, und je nach Reglertyp beim "gedämpften" Bremsen. Das Bremsen schieben wir kurz mal runter nach C.
In den Kurven: das bedeutet ja schonmal, dass auf Bahnen mit vielen Teillast-Bereichen der Effekt größer wäre, als auf Bahnen mit vielen Vollgaspassagen. Denn bei Vollgas gibt es kein PWM. Da liegt dauerhaft die volle Bahnspannung am Motor an.
Ich habe es nicht getestet, weil man das meiner Meinung nach auch nur unter Laborbedingungen reproduzierbar hinbekommt.
Was aber meine eigenen Zweifel zerstreut hat:
Ich bin mal zwei recht vergleichbare Flexi-Langstreckenrennen gefahren:
- auf ein und derselben Bahn (hoher Vollgasanteil, also wenig PWM),
- im Abstand von einem Jahr,
- mit demselben Regler,
- mit demselben Auto inkl. Motor,
und jetzt Achtung:
- UND Kohlen aus (für mich) DERSELBEN Charge (demselben Tütchen),
und einmal waren die Kohlen nach ca. 1,5h weg, und einmal nach 3h nur zur Hälfte verbraucht.
Da sollten also andere Umstände (ich denke vor allem die Qualität der Kohlen) deutlich mehr Einfluss haben, als ein paar Meter Teillast mit PWM pro Runde.
Insgesamt bin ich schon sehr viel Langstreckenrennen gefahren, und die Haltbarkeit der Kohlen war immer irgendwie eine Überraschung.
Bürstenfeuer verschleißt Kohlen, siehe Wikipedia.
Wenn ich mir das Bürstenfeuer ohne Last (also Motor in der Hand halten) anschaue, ist das bei PWM und Widerstandsreglern im Teillastbereich optisch vergleichbar, und immer noch deutlich weniger als bei Vollgas.
Man kann das sogar messen, das übersteigt aber deutlich meine Möglichkeiten.
jetzt kommen wir zu dem runter geschobenen
C:
PWM beim Bremsen:
Volle Bremsleistung heißt voller Kurzschluss am Motor und damit maximales Bürstenfeuer.
Die Bremsleistung zu reduzieren bedeutet:
- entweder einen Widerstand in den Kurzschluss zu hängen, = geringeres Bürstenfeuer
- oder mittels PWM wieder zu takten, also mal kurz voller Kurzschluss = volles Bürstenfeuer, und dann mal trudeln lassen, = gar kein Bürstenfeuer.
Was verschleißt jetzt mehr? Ich habe schon wieder keine Ahnung. Und weiß auch nicht, wie man es reproduzierbar testen soll.
Meine Erfahrung lässt mich aber auch hier glauben (ich benutze absichtlich "glauben"), dass andere äußere Umstände deutlich mehr Einfluss haben. Wieviel Bremszonen gibt es auf der Bahn? Wie stark muss jeweils abgebremst werden? Wie habe ich die Bremseleistung eingestellt? Wie ist der Grip der Räder? ... Wie ist also das Verhältnis zwischen Volllast, Teillast und Bremsen?
Wer hier etwas wirklich produktives beitragen kann, immer her damit!
3. Ist die Bremse stärker / zu stark?
So, jetzt müssen wir das oben zum Bremsen geschriebene nochmal etwas komplizierter machen, denn heutzutage ist bremsen ja nicht mehr gleich bremsen.
Oben ging ich von der "ganz normalen" Bremsfunktion aus, wenn man den Triggerhebel ganz loslässt.
Wenn man einen PWM-Regler baut, dann KANN man - muss man aber nicht - die Pulspausen, also die Zeiten, wo der Motor trudelt, dazu nutzen, zu bremsen. Dann trudelt der Motor eben nicht mehr.
Und das Bremsen in den Pausen kann man wieder auf zwei verschiedene Arten machen:
- entweder, man speist die generierte Energie zurück ins Netzteil,
- oder man schließt den Motor kurz.
Variante 1 benutzen die ACD, nennen es "zwangsgeführtes" Regelverhalten. Diese Methode führt dazu, dass bei manchen Netzteilen dann noch ein Lastwiderstand zugeschaltet werden muss, weil die Netzteile selbst die rückgeführte Energie nicht aufnehmen können. Die Menge an Energie die rückgeführt wird, und damit die Bremsstärke im Teillastbereich, ließe sich auch einstellen. Schließlich muss man nicht die gesamte Pause ausnutzen.
Variante 2 habe ich bei meinen Reglern mal getestet, und zwar in der Wirkung einstellbar. Das hatte aber nur dazu geführt, dass ich die Anfahrspannung etwas höher gestellt habe, wenn ich diesen Modus zugeschaltet hatte. Also habe ich es wieder rausgeworfen.
Ich hatte auch mal einen Modus programmiert, der schnelles Loslassen des Triggers erkannte und dann sofort voll bremste. Fühlte sich für schwere Autos gut an, man konnte irre spät bremsen. Brachte in den Rundenzeiten aber leider genau 0 Hundertstel Vorteil. Daher ist das auch wieder rausgeflogen.
Bei dieser Variante könnte ich mir auch vorstellen, dass sie tatsächlich mehr Kohlen verschleißt. Ich kenne aber aktuell keinen Regler, der das so macht.
Zusammengefasst:
In einem "PWM-Regler" kann es also zwei verschiedene PWMs geben. Fürs teilweise Gas geben und fürs "nicht volle Pulle"-bremsen.
Die mögliche Bremsleistung hat daher mit PWM erst mal gar nichts zu tun, sondern hängt vom Regler und der jeweiligen Umsetzung ab. (Man könnte auch einen PWM-Regler mit Widerstandsbremse bauen, oder einen Widerstandsregler mit PWM-Bremse.)
Ein Regler, der per PWM bremst, kann aber niemals stärker bremsen, als ein herkömmlicher Regler mit gut gewartetem Bremskontakt. Denn Kurzschluss ist Kurzschluss, mehr Bremse ginge erst mit einer Gegenspannung.
PWM kann nur früher bremsen, das lässt sich aber mit anderer Reaktionsgeschwindigkeit des Fingers auch erreichen. Auch das Rückspeisen der Energie in das Netzteil bremst nicht stärker, eher schwächer, da Leitungswiderstände hinzukommen.
4. Macht der PWM-Regler mein Netzteil kaputt?
Die Frage wurde im Prinzip schon oben beantwortet, das kann für den elektrischen Laien aber natürlich in der Masse an Informationen schwer auffindbar sein.
Antwort: kann eventuell sein.
PWM-Regler von ACD speisen beim Bremsen Energie zurück zum Netzteil (LNT). Das ist nix schlimmes, das ist so gewollt. Wenn das LNT aber darauf nicht ausgelegt ist, kann die Energie nirgendwo hin und es entstehen große Spannungsspitzen. Diese können dann manche Bauteile im LNT zerstören.
Ich kenne aber derzeit nur den ACD, der das macht. Kein anderer mir bekannter PWM-Regler arbeitet so.
Abhilfe schafft ein zusätzlicher Lastwiderstand (ne Glühbirne tuts auch), siehe hierzu die ACD-Homepage.
5. Kann PWM den Motor mechanisch stäker Belasten?
Ja, aber nur, wenn es falsch gemacht wird.
Welche mechanischen Kräfte können denn getaktete Spannung und Strom auf den Motor ausüben, außer der gewollten?
Durch den Strom in den Spulen bauen sich Magnetfelder auf. Magnetische Kräfte wechselwirken mit ihrer Umgebung. Dadurch entstehen natürlich mechanische Kräfte. Aber genau die bringen den Motor ja erst zum Drehen, sind also gewollt. Wo soll jetzt der Unterschied sein, ob die Spannung durch die PWM getaktet wird, oder durch die Eigendrehung des Motors?
Jetzt steigen wir nochmal eine halbe Treppenstufe tiefer rein:
PWM erzeugt in den Spulen Oberschwingungen, die tatsächlich nichts Gutes im Sinn führen. Wenn man aber die PWM Frequenz nur ein bisschen auf unsere Motörchen abstimmt (und wie breit die mögliche Bandbreite ist, schrieb ich ja schon oben), dann machen die Oberschwingungen fast nichts aus.
Wenn ihr mal das Pfeifen hört, dass ein PWM-Regler in einem Motor erzeugt, das genau sind die Oberschwingungen. Die bringen die Spulen in sich zur Vibration. Und wenn man das Pfeifen nicht hören kann, sind die Oberschwingungen nicht weg, sondern nur so gering in ihrer Kraft, dass sie nicht mal die Spulen zum Eigenschwingen bringen. Also wird da meiner bescheidenen Meinung nach auch nichts am Motor schneller verschleißen können, als durch den "normalen" Betrieb.
Und achtet mal auf E-Bikes, E-Autos, ... die pfeifen auch . Ich glaube nicht, dass die Hersteller ihre Motoren freiwillig übermäßig belasten und einem frühen Tod aussetzen wollen.
So, ganz schön lang geworden, oder? Deshalb hatte ich das bisher auch noch nie so zusammen gefasst.
Und jetzt Feuer frei für eure Fragen und sehr gerne natürlich auch, von den anderen Reglerbauern hier im Forum, für weitere Erklärungen und Erfahrungen. Und danke schonmal für den ausbleibenden Glaubenskrieg!