Hallo Freeslotter,
vor geraumer Zeit hatten wir es hier ja schon von Prüfständen für Slotcars, welche über die einfache Aufnahme der Motordrehzahl hinaus gehen. Erste Fotos meines Slotbench habe ich euch da ja schon gezeigt. Da einige User hier ihr Interesse am Thema gezeigt hatten und das Projekt mittlerweile auch über das einfache Bastelstadium hinaus ist, möchte ich euch das Projekt jetzt vorstellen:
Slotbench - der Motorprüfstand für Slotcarmotoren!
Entstanden ist das Ganze aus dem Wunsch, zwei Fragen zu klären:
1. Sind die Streuungen zwischen Motoren gleichen Typs wirklich so groß, wie es mancher Fahrer nach einem Rennen gerne behauptet?
2. Stimmt die Behauptung: Der Motor mit der höchsten Leerlaufdrehzahl muss "untenrum" nicht auch den größten Durchzug haben (im Vergleich zu anderen Motoren gleichen Typs)?
Also habe ich mir Gedanken gemacht, wie eine geeignete Bremse für die Motoren aussehen könnte, aus der sich auch noch das Drehmoment bestimmen lässt. Aktive Gegenregelung auf einem zweiten Motor mit Drehmomentwaage? Wirbelstrom? Reibungsbremse? Alles irgendwie nicht der Knaller. Daher fiel die Wahl auf ein Konzept mit Schwungrad!
Die Idee war dann schnell formuliert: Der zu messende Motor muss eine Schwungmasse beschleunigen. Die Drehzahlmessung ist einfach und präzise und die Trägheit eine zuverlässige und stabile Größe. Aus dem Drehzahlverlauf lässt sich das Drehmoment genau bestimmen. Die Daten kann am besten eine Software auf dem PC verarbeiten: Diese kann die vielen Daten handlen und neben skalaren Tabellen auch noch Diagramme erstellen und bietet deutlich mehr Komfort in der Bedienung als ein kleines Display mit 2-4 Zeilen.
Was braucht es dazu?
- Die Theorie zur Beschleunigung träger Massen steht im Roloff/Matek (Alternativ auf https://de.wikipedia.org/wiki/Trägheitsmoment)
- Die Schaltung zur Ansteuerung des Motors kann ich aus meinem Regler übernehmen. Der USB-Anschluss ist auch gleich ergänzt. Die Drehzahlerfassung ist über einen Hallsensor und Magnete im Schwungrad einfach umsetzbar. Daher: Die Schaltung vom Regler überarbeiten und ein paar Teile ergänzen, layouten und ein paar PCBs ordern
- Die Mechanik des Prüfstands wird auch machbar sein. Das Grundgerüst bilden zwei Aluplatten: Die eine trägt die Elektronik und dient als Sockel für den Prüfstand. Auf der zweiten Aluplatte ist das Schwungrad und der Motor befestigt. Um es einfacher und universell zu gestalten möchte ich auf Standardbauteile von Slotcars zurückgreifen: Achshalter von Plafit oder Scaleauto, Standard-Kugellager und eine lange 3mm-Achse. Dadurch können auch die normalen Achsritzel eingesetzt werden, um die Übersetzung an den jeweiligen Motor anzupassen. Die Teile kann ich fertig kaufen oder selbst fertigen, nur die Schwungmasse kann ich mangels Drehbank nicht selbst herstellen - aber wofür gibt es andere Hobbyisten . Also ab an's CAD!
- Bleibt noch die Software übrig. Ist nicht mein erstes Programm, wird viel Aufwand - aber machbar sein. Die größte Aufgabe ist es, den Datenstrom vom Prüfstand sauber und verlustfrei auf dem PC wegzuschreiben, simultan zu verarbeiten und die aktuellen Werte zu visualisieren. Man möchte ja sehen, was gerade passiert! Danach müssen die unterschiedlich aufbereiteten Messdaten noch durch weitere Algos geschickt, in Dateien gespeichert bzw. geladen und am Schluss auch als Graphen ausgegeben werden. Nach der Definition des Datenprotokolls zwischen Bench und PC lässt sich auch die Firmware für den Prüfstand erstellen. Auch hier ist es das Wichtigste, alle Daten sauber zu erfassen, zu puffern und an den PC zu schicken
Und was ist mittlerweile daraus geworden? Seht selbst:
Slotbench_05.jpgGUI_Messung.pngGUI_Auswertung.pngGUI_Zugkraft.png
Die Validierung der Messergebnisse habe ich (zum Glück nicht alleine) vorgenommen: Ich habe den Bison1-Motorenpool unseres Clubs auf der Slotbench vermessen und jeweils die Top 3 und Flop 3-Motoren herausgenommen. Diese sechs Motoren haben wir an einem Abend auf der Bahn "blind" verglichen und anhand der Rundenzeit klassifiziert: Volltreffer! Die Messung auf der Bench zeigt sich repräsentativ
Welche Erkenntnis ziehe ich nun aus dem Prüfstand im Hinblick auf die ursprünglichen Fragen?
1. Klares Jein! Ein gut gepflegter Motorenpool wird nur ein enges Streuband haben. Heißt aber auch: Die großen Streuungen zwischen den Motoren kann es real geben. Der Prüfstand kann dabei helfen, die "Gurken" zu identifizieren, welche sich dann mit entsprechender Pflege in den meisten Fällen auch wieder regenerieren oder aussortieren lassen.
2. Klares Nein! Eine "Gurke" ist eine "Gurke" - egal bei welcher Drehzahl. Das passt auch zu meinem Verständnis eines permanenterregten Gleichstrommotors, der ab dem Anlauf einen zur Drehzahl proportionalen Drehmomentverlauf hat. @Benno - SAC hat neulich auch einen passenden Link zu einem Artikel über solche DC-Motoren gepostet.
Viele Grüße
Philipp
P.S. Hier noch ein pdf, welches der Prüfstand als Output der Messungen erzeugen kann: Motorenvergleich_Slotbench.pdf